Neutrophile sind ... kleinere amöboide Zellen, die leicht angefärbt werden können, mit einem großen mehrkernigen und fragmentierten Zellkern und schwachem Protoplasma ...

Elie Metschnikoff.
Virchows Arch. 107, 209–249 (1887).

... diese Zellen sind außer ihrer Fähigkeit, Wucherungen auszustrecken, auch in der Lage, Fremdkörper zu verzehren ...

Elie Metschnikoff.
Allg. Wein. med. Ztg. 27/29, 307–332 (1884).

 

 

Diese beiden von Elie Metschnikoff vor mehr als einem Jahrhundert getätigten Aussagen stehen für zwei der bekanntesten Aspekte der Biologie der Neutrophilen. Diese werden traditionell als homogene Zellpopulation mit einem ungewöhnlich geformten Zellkern betrachtet und wegen ihrer Bedeutung für die Wirtsabwehr geschätzt. In den letzten Jahren haben wir jedoch gelernt, dass die Neutrophilen verschiedene Phänotypen und Funktionen annehmen können und dass ihre funktionelle Bedeutung über Infektionskrankheiten hinausgeht und sich auf das Tumorwachstum sowie sterile, chronische Entzündungen erstreckt.

Im Rahmen des Sonderforschungsbereichs TRR332 "Neutrophils: origin, fate & function" (Neutrophile: Ursprung, Schicksal und Funktion) wollen wir ein besseres Verständnis der Biologie der Neutrophilen schaffen, wobei der Schwerpunkt darauf liegt, wie die lokale Mikroumgebung den Phänotyp und die Funktion der Neutrophilen beeinflusst. Ein solches verbessertes und verfeinertes Verständnis wird langfristig dazu beitragen, nicht nur die Aktionen der Neutrophilen besser zu verstehen, sondern auch in diese einzugreifen, z. B. im Rahmen von Entzündungen, Infektionen und Neoplasien. Zu diesem Zweck haben wir 27 Forscher*innen mit unterschiedlichem Hintergrund zusammengestellt, darunter klinische Wissenschaftler*innen, Physiolog*innen, Biolog*innen, Biochemiker*innen, Pharmakolog*innen und Informatiker*innen. Zu betonen ist, dass ein großer Teil der Beteiligten einen medizinischen Hintergrund besitzt, was zu einer Verbesserung des translationales Aspektes unserer Initiative führt. Wir haben Zugang zu verschiedenen klinischen Bioproben, darunter atherosklerotische Plaques, Tumorgewebe, Gewebe aus der Lunge, Leber und Niere sowie Blut- und Knochenmarksproben. Darüber hinaus wird die Modellierung von Krankheitszuständen in Tieren dazu beitragen, die pathologische Rolle der Neutrophilen im Kontext von Krankheiten zu verstehen und die Entwicklung und Prüfung von Interferenzstrategien zu ermöglichen.

Technische Fortschritte sind der Schlüssel zu innovativer Forschung. In diesem SFB werden im Rahmen des zentralen Projekts Z1 mehrere neuere technische Fortschritte vorgestellt, die es ermöglichen, Neutrophile im Kontext sichtbar zu machen. Dazu gehören: Multiplex-Antikörper-basierte Bildgebung (MABI) unter Verwendung der MACSima™ Imaging Platform - einer zyklischen Immunfluoreszenz-Imaging-Plattform, die eine vollautomatische Immunfluoreszenz-Bildgebung von einzelnen biologischen Proben ermöglicht. Das System arbeitet mit iterativer Fluoreszenzfärbung, Bildaufnahme und Signallöschung unter Verwendung mehrerer fluorochrom-markierter Antikörper pro Zyklus. Die MALDI-Bildgebung (Matrix-assisted Laser Desorption Ionization) ermöglicht die Erfassung von MALDI-Spektren in situ, die ein entdeckungsorientiertes und umfassendes molekulares Verständnis der Gewebemikroumgebung durch die Bestimmung der Verteilung von Lipiden, weiteren Sekundärmetaboliten, Glykanen, Proteinen (nach tryptischem Verdau im Gewebe) und Arzneimitteln ermöglichen. Co-Registrierung von MABI- und MALDI-Datensätzen - um die Funktion der Neutrophilen in den verschiedenen Gewebesegmenten zu bestimmen und die Mikroumgebung des Gewebes zu entschlüsseln, die den Phänotyp, das Schicksal und die Funktion der Neutrophilen bestimmt, wird die Co-Registrierung von MABI- und MALDI-Datensätzen aus demselben Gewebeschnitt verwendet. Die Kombination dieser beiden Bildgebungsverfahren wird es ermöglichen, hochauflösende Antikörper-basierte Bildgebungsdaten von meist wenig verbreiteten Zelloberflächenmarkern mit räumlichen Informationen über Metabolite, Lipide und Peptide zu überlagern.

Der SFB TRR332 vereint Experten von drei antragstellenden Universitäten, der WWU Münster, der LMU München und der Universität Duisburg-Essen sowie zwei assoziierten Einrichtungen, nämlich der TU Dresden und des ISAS Leibniz-Instituts Dortmund. Bei der Verteilung auf fünf Partnerstandorte ist eine zentrale Struktur für den Datenaustausch unerlässlich. Daher wird im Rahmen des INF-Projekts unter der Leitung der IT-Abteilung der WWU eine Struktur für die zentrale Speicherung und das Datenmanagement sowie für die gemeinsame Nutzung von lizenzierter Software eingerichtet und in der WWU-Cloud gehostet. Es ist eine wichtige Aufgabe dieses SFB, die Chancengleichheit zu fördern und den wissenschaftlichen Nachwuchs zu unterstützen. Bitte informieren Sie sich auf unserer Website über die Einzelheiten der von uns ergriffenen Maßnahmen.

Unser SFB hat eindeutig von den verschiedenen SFB an den Partnerstandorten profitiert, die bereits vor einigen Jahren eingerichtet wurden, darunter der SFB914 in München und der SFB1009 in Münster. Mit diesen als Nährboden für unsere Ideen haben wir uns im Januar 2019 zum ersten Mal getroffen, um ein Neutrophilen-zentriertes Konsortium zu diskutieren. Nach mehr als drei Jahren Arbeit erhält unser Netzwerk ab Juli 2022 eine substanzielle Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft für zunächst vier Jahre. Wir hoffen, dass unser Forschungszentrum einen wichtigen Beitrag zu der sich schnell entwickelnden Neutrophilen-Gemeinschaft leisten wird.

 

Kontakt:

Institute of Experimental Pathology 
Centre of Molecular Biology of Inflammation (ZMBE) 
Von Esmarch Str. 56
48149 Münster, Germany
Tel.: +49 251 83 - 53096
Fax: +49 251 83 - 52134